»Die Seligsprechung des ‚Montonero‘-Bischofs Enrique Angelelli spaltet Argentinien. Ein bekannter Prälat, Erzbischof Hector Aguer, ergriff Position gegen das Martyrium Angelellis in odium fidei, der 1976 Opfer eines Verkehrsunfalls wurde, den die Verfechter der Seligsprechung ohne Beweise für einen Mord halten. Erzbischof Aguer bricht das Tabu der politischen Korrektheit und fragt sich, warum nicht vielmehr ein Seligsprechungsverfahren für den katholischen Intellektuellen Carlos Alberto Sacheri eingeleitet wurde, der wirklich ein Opfer des Terrorismus wurde, des marxistischen, und vor den Augen seiner Kinder ermordet wurde, weil er die kommunistische Infiltrationen in die katholischen Kirche aufgezeigt und kritisiert hat.« (Vom August 2018, hier)
Ich kenne die sehr verwirrenden Hintergründe nicht genug, um mir ein Urteil bilden zu können. Nichts desto trotz ist es in höchstem Maße besorgniserregend, was hier geschieht, wenn derartige Zweifel und Gegendarstellungen bestehen.
Montag, 29. April 2019
Donnerstag, 11. April 2019
Dominus vobiscum
"Ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserer Eucharistiefeier!"
So oder ähmlich beginnen Landauf landab viele Heiligen Messen in deutschen Landen. Weil mich das schon seit sehr langer Zeit maßlos irritiert, möchte ich mir ein paar Gedanken dazu von der Seele schreiben.
Eigentlich beginnt die Messe nach dem Gesang zur Eröffnung (wobei der Introitus leider fast völlig aus dem Bewusstsein entschwunden ist) mit dem Kreuzzeichen "im Namen des Vaters etc.", denn in diesem Zeichen und nicht ohne dieses soll die Versammlung Jünger Jesu stattfinden: im Namen ihres Herrn.
Da somit die Seinsweise der Versammlung grundgelegt ist (in seinem Namen), können alle Beteiligten nunmehr in ihre ihnen jeweils zukommende Rolle (im Sinne von: Art und Weise der Mitwirkung) schlüpfen. Für den Priester bedeutet dies, dass er nicht als er selbst vor der Gemeinde steht, sondern nur dem Herrn seine Hände und seine Stimme leiht. Er tut hier nichts, als auf den Herrn zu verweisen: "Der Herr sei mit euch!" oder eine der im aktuellen deutschen Messbuch zahlreichen Alternativen, die allesamt durchaus den Charakter einer Zusage und Segensbitte haben: "Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus sei mit euch!" Dadurch wird deutlich, dass es nicht um diesen Priester geht und er auch nicht der Gastgeber ist. Sondern es geht um den Herrn, den einzigen Gastgeber, mit dem hier Begegnung nicht nur behauptet und erbeten wird, sondern die in der Messe auch wirklich geschieht (in der Versammlung selbst, in der Person des Priesters, im Altar, im Wort der Heiligen Schrift, v.a. aber in seinem Leib und seinem Blut).
Mit jeder Silbe wird so der Charakter dieser Versammlung unausweichlich deutlich: Es ist eine Religiöse Versammlung der Jünger um ihren Meister. Es ist eine Versammlung von Betenden, die sich ganz ihrem Herrn verdankt und zu ihm hinstrebt. Die ganze Gemeinde ist hier hineingenommen in die Bewegung zu Christus hin und jeder Einzelne übt bereits an dieser Stelle sein Taufpriestertum aus, wenn er die Zusage und Segensbitte des geweihten Priesters aufnimt und zurückgibt: "Und mit deinem Geiste!"
Mit diesen kurzen Bemerkungen wird bereits deutlich, was mit jener obigen Begrüßung nicht stimmt. Vor allem ist es bemerkenswert, was für ein gewaltiger Graben sich dadurch zwischen dem Priester und der Gemeinde auftut (man könnte hier auch von [u.U. unbeabsichtigtem] Klerikalismus sprechen): Der Priester stellt nicht zu allererst den Herrn, den tatsächlichen Gastgeber, ins Zentrum, und er betet auch nicht für die Gemeinde und mit ihr, sondern er geriert sich selbst als Gastgeber der seine Gäste willkommen heißt. Wobei letztere eigentlich noch unter das Niveau von Gästen erniedrigt werden, da sie in der Regel die an sie gerichtete Begrüßung nicht erwidern (können): Sie sind Zuschauer bei einer Show.
Schließlich ist es auch eine krasse Verkennung der Heiligen Messe, wenn sie als "unsere" (was unweigerlich verstanden wird als: die der Anwesenden) charakterisiert wird... Es ist eben nicht "unsere", sondern es ist die Feier von Leid, Tod und Auferstehung des Herrn, es ist SEIN Paschamysterium, das vom ganzen mystischen Leib Christi (vor Ort, auf der Ganzen Erde, zu allen Zeiten und im Himmel) begangen wird.
Manchmal folgt noch ein "Schön, dass Sie gekommen sind" oder "Schön, dass wir zusammen Eucharistie feiern", wahlweise auch mit Orts- und sogar Zeitangabe der gerade begonnenen Veranstaltung. Abgesehen davon, dass die so Angesprochenen sich ziemlich dumm vorkommen müssen, weil ihnen offenbar nicht zugetraut wird, zu wissen wo sie sind und warum, möchte man doch auf so eine Anrede spontan mit "bitteschön, gern geschehen" antworten...
Eine solche Begrüßung ist, theologisch gesprochen, die exakte Antithese eines Rituals (das nämlich von einer Selbstverständlichkeit lebt, die keine Rahmeninformation, keinen Liveticker benötigt).
Und natürlich gibt es nicht selten das gleiche Trauerspiel am Ende der Messe.
Ich bin mir bewusst, dass auch bei "korrektem" Vollzug nicht automatisch jeder in mystischer Verzückung den Herrn lobpreist, aber wenigstens böte sich damit schonmal die beste Voraussetzung dazu. Auch ist mir klar, dass nach jener areligiösen "Begrüßung" oft noch die (mehr oder minder) korrekte Eröffnung der Messe folgt. Trotzdem wird damit ein Störfaktor eingebracht, der allem Nachfolgenden etwas von seiner Ernsthaftigkeit und v.a. von seiner Glaubwürdigkeit (eines religiösen Aktes) nimmt.
[Ein Lektüretipp dazu, wo die Frage der verminderten Glaubwürdigkeit eigenmächtig umgestalteter Rituale auf empirischer Basis erkundet wird: Christian Rentsch, Ritual und Realität: Eine empirische Studie zum gottesdienstlichen Handeln des Priesters in der Meßfeier, Regensburg 2013.]
So oder ähmlich beginnen Landauf landab viele Heiligen Messen in deutschen Landen. Weil mich das schon seit sehr langer Zeit maßlos irritiert, möchte ich mir ein paar Gedanken dazu von der Seele schreiben.
Eigentlich beginnt die Messe nach dem Gesang zur Eröffnung (wobei der Introitus leider fast völlig aus dem Bewusstsein entschwunden ist) mit dem Kreuzzeichen "im Namen des Vaters etc.", denn in diesem Zeichen und nicht ohne dieses soll die Versammlung Jünger Jesu stattfinden: im Namen ihres Herrn.
Da somit die Seinsweise der Versammlung grundgelegt ist (in seinem Namen), können alle Beteiligten nunmehr in ihre ihnen jeweils zukommende Rolle (im Sinne von: Art und Weise der Mitwirkung) schlüpfen. Für den Priester bedeutet dies, dass er nicht als er selbst vor der Gemeinde steht, sondern nur dem Herrn seine Hände und seine Stimme leiht. Er tut hier nichts, als auf den Herrn zu verweisen: "Der Herr sei mit euch!" oder eine der im aktuellen deutschen Messbuch zahlreichen Alternativen, die allesamt durchaus den Charakter einer Zusage und Segensbitte haben: "Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus sei mit euch!" Dadurch wird deutlich, dass es nicht um diesen Priester geht und er auch nicht der Gastgeber ist. Sondern es geht um den Herrn, den einzigen Gastgeber, mit dem hier Begegnung nicht nur behauptet und erbeten wird, sondern die in der Messe auch wirklich geschieht (in der Versammlung selbst, in der Person des Priesters, im Altar, im Wort der Heiligen Schrift, v.a. aber in seinem Leib und seinem Blut).
Mit jeder Silbe wird so der Charakter dieser Versammlung unausweichlich deutlich: Es ist eine Religiöse Versammlung der Jünger um ihren Meister. Es ist eine Versammlung von Betenden, die sich ganz ihrem Herrn verdankt und zu ihm hinstrebt. Die ganze Gemeinde ist hier hineingenommen in die Bewegung zu Christus hin und jeder Einzelne übt bereits an dieser Stelle sein Taufpriestertum aus, wenn er die Zusage und Segensbitte des geweihten Priesters aufnimt und zurückgibt: "Und mit deinem Geiste!"
Mit diesen kurzen Bemerkungen wird bereits deutlich, was mit jener obigen Begrüßung nicht stimmt. Vor allem ist es bemerkenswert, was für ein gewaltiger Graben sich dadurch zwischen dem Priester und der Gemeinde auftut (man könnte hier auch von [u.U. unbeabsichtigtem] Klerikalismus sprechen): Der Priester stellt nicht zu allererst den Herrn, den tatsächlichen Gastgeber, ins Zentrum, und er betet auch nicht für die Gemeinde und mit ihr, sondern er geriert sich selbst als Gastgeber der seine Gäste willkommen heißt. Wobei letztere eigentlich noch unter das Niveau von Gästen erniedrigt werden, da sie in der Regel die an sie gerichtete Begrüßung nicht erwidern (können): Sie sind Zuschauer bei einer Show.
Schließlich ist es auch eine krasse Verkennung der Heiligen Messe, wenn sie als "unsere" (was unweigerlich verstanden wird als: die der Anwesenden) charakterisiert wird... Es ist eben nicht "unsere", sondern es ist die Feier von Leid, Tod und Auferstehung des Herrn, es ist SEIN Paschamysterium, das vom ganzen mystischen Leib Christi (vor Ort, auf der Ganzen Erde, zu allen Zeiten und im Himmel) begangen wird.
Manchmal folgt noch ein "Schön, dass Sie gekommen sind" oder "Schön, dass wir zusammen Eucharistie feiern", wahlweise auch mit Orts- und sogar Zeitangabe der gerade begonnenen Veranstaltung. Abgesehen davon, dass die so Angesprochenen sich ziemlich dumm vorkommen müssen, weil ihnen offenbar nicht zugetraut wird, zu wissen wo sie sind und warum, möchte man doch auf so eine Anrede spontan mit "bitteschön, gern geschehen" antworten...
Eine solche Begrüßung ist, theologisch gesprochen, die exakte Antithese eines Rituals (das nämlich von einer Selbstverständlichkeit lebt, die keine Rahmeninformation, keinen Liveticker benötigt).
Und natürlich gibt es nicht selten das gleiche Trauerspiel am Ende der Messe.
Ich bin mir bewusst, dass auch bei "korrektem" Vollzug nicht automatisch jeder in mystischer Verzückung den Herrn lobpreist, aber wenigstens böte sich damit schonmal die beste Voraussetzung dazu. Auch ist mir klar, dass nach jener areligiösen "Begrüßung" oft noch die (mehr oder minder) korrekte Eröffnung der Messe folgt. Trotzdem wird damit ein Störfaktor eingebracht, der allem Nachfolgenden etwas von seiner Ernsthaftigkeit und v.a. von seiner Glaubwürdigkeit (eines religiösen Aktes) nimmt.
[Ein Lektüretipp dazu, wo die Frage der verminderten Glaubwürdigkeit eigenmächtig umgestalteter Rituale auf empirischer Basis erkundet wird: Christian Rentsch, Ritual und Realität: Eine empirische Studie zum gottesdienstlichen Handeln des Priesters in der Meßfeier, Regensburg 2013.]
Dienstag, 9. April 2019
"Erkenntnisse der Wissenschaften"
"Ihr werdet erkennen, dass ich nichts im eigenen Namen tue, sondern nur das sage, was mich der Vater gelehrt hat. Und er, der mich gesandt hat, ist bei mir; er hat mich nicht allein gelassen, weil ich immer das tue, was ihm gefällt. Als Jesus das sagte, kamen viele zum Glauben an ihn."
(Joh 8,28-29; aus demEvangelium vom Dienstag der 5. Fastenwoche)
"Die Sexualmoral der Kirche hat entscheidende Erkenntnisse aus Theologie und Humanwissenschaften noch nicht rezipiert." So lautet es im Pressebericht von Kardinal Marx zum Abschluss der FrühjahrsVollversammlung der DBK im März 2019 (hier als PDF).
Jeden gläubigen Katholiken kann ich an dieser Stelle beruhigen: Diese Aussage von Kardinal Marx dient einzig der Irreführung.
Es wird schon sehr lange von Theologen davon gesprochen, dass das Lehramt irgendwelche Erkentnisse nicht "wahrgenommen" oder nicht "berücksichtigt", oder nicht "bedacht" hätte. Damit soll gezielt der Eindruck erweckt werden, dass das Lehramt nicht kompetent oder mündig genug sei, hier zu urteilen.
Ich habe mich bereits damit befasst, was es damit auf sich hat, dass angeblich das Lehramt die Erkenntnisse der Theologie nicht zur Kenntnis nimmt: HIER.
Wann immer jemand mit einer Phrase kommt, vonwegen das Lehramt habe diese oder jene Erkenntnis "(noch) nicht rezipiert", muss man sich darüber im Klaren sein, was das eigentlich besagen soll, nämlich: "Das Lehramt sagt nicht das, was ich sage."
Die gemeinten angeblichen Erkenntnisse "der Wissenschaft(en)" sollen nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern in das Lehramt selber inkorporiert werden, sie sollen Teil dieses Lehramtes sein.
Die Wahrheit ist, dass das Lehramt sehr wohl ständig die Erkenntnisse von Theologie und Humanwissenschaften zur Kenntnis nimmt und sie erwägt; das Gegenteil zu behaupten ist daher eine glatte Lüge. Bestes Beispiel hierfür ist Humanae vitae, wo dies deutlicher zum Ausdruck gebracht wird, als in irgdneinem anderen lehramtlichen Dokument. Dort heißt es in der Einleitung:
»3. [...] Wäre es nicht angebracht, angesichts der gegenwärtigen Lebensverhältnisse und der Bedeutung, die der eheliche Verkehr für die Harmonie und gegenseitige Treue der Gatten hat, die heute geltenden sittlichen Normen zu überprüfen? Zumal, wenn man erwägt, daß diese unter Umständen nur unter heroischen Opfern befolgt werden können? Könnte nicht das sogenannte Ganzheitsprinzip auf diesen Bereich angewandt werden und damit die Planung einer weniger großen, aber vernünftig geregelten Fruchtbarkeit einen physisch unfruchtbar machenden Akt in eine erlaubte und vorausschauende Geburtenlenkung verwandeln? Kann man nicht die Meinung vertreten, daß das Ziel des Dienstes an der Fortpflanzung mehr dem Eheleben als Ganzen aufgegeben sei als jedem einzelnen Akt? Man stellt auch die Frage, ob bei dem gesteigerten Verantwortungsbewußtsein des heutigen Menschen nicht die Zeit gekommen sei, wo die Weitergabe des Lebens mehr von Vernunft und freier Entscheidung bestimmt werden sollte als von gewissen biologischen Regelmäßigkeiten.
4. Zweifellos forderten solche Fragen vom kirchlichen Lehramt eine neue und vertiefte Überlegung über die Prinzipien der Ehemoral [...].
5. Im Bewußtsein dieser gleichen Aufgabe haben Wir den von Unserm Vorgänger Johannes XXIII. im März 1963 eingesetzten Ausschuß bestätigt und erweitert. Ihm gehörten außer vielen Gelehrten aus den betreffenden Fachgebieten auch Ehepaare an. Dieser Ausschuß sollte Gutachten einholen über die Fragen, die das eheliche Leben und vor allem die sittlich geordnete Geburtenregelung aufwirft; er sollte darüber hinaus die Ergebnisse seiner Studien so vorlegen, daß das kirchliche Lehramt eine den Erwartungen nicht nur der Gläubigen, sondern auch der übrigen Welt entsprechende Antwort geben könnte (5). Das Forschungsergebnis der Sachkundigen und die Gutachten vieler Unserer Brüder im Bischofsamt, die sie teils aus eigenem Antrieb einsandten, die teils von Uns erbeten waren, erlaubten Uns, dieses vielseitige Problem von allen Seiten aus sorgfältiger zu bedenken. Deshalb sagen Wir allen von Herzen Dank.«
Die Anfragen an die Kirche und aus der Kirche werden also sehr klar gesehen, und es wurde intensiv geforscht und beraten, abgewogen und gebetet. Das Ergebnis ist bekannt: Es gab einen Mehrheits- und einen Minderheitsbeschluss. Papst Paul VI schloss sich, wohl wissend, dass er sich damit quer zum Zeitgeist stellt, dem Minderheitenbeschluss an. Ich habe mich bereits einmal anhand dieser Beschlüsse ausführlich damit befasst, warum Humanae vitae richtig und wichtig ist: HIER.
Das ist nun der springende Punkt: Die Ergebnisse der Wissenschaften zur Kenntnis nehmen ist etwas anderes, als sie zum Maßstab zu machen. Wie oben erwähnt, geht es ja den Forderern trotz ihrer meist vorsichtigen Wortwahl in Wahrheit nie darum, dass das Lehramt nur etwas zur Kenntnis nimmt, sondern was gefordert wird ist die Hörigkeit des Lehramtes!
Da Marx zumindest offiziell den Schein wahren muss, als habe das Lehramt eine gewisse Relevanz, muss er im Sprechen einen (für ihn gewiss lästigen) Umweg kontruieren: Die Erkenntnisse "der Wissenschaften" können nicht direkt unser Glauben und Handeln bestimmen, sie müssen erst vom "Lehramt" angenommen, sprich: übernommen werden. Was Marx und andere wollen, ist letztlich ein entmündigtes Lehramt, das im Grunde nur das sagt, was die Welt ihm einflüstert.
Das ist für mich die größte Ironie dabei: Man wirft dem Lehramt einen Mangel an Kompetenz oder Mündigkeit vor, mit dem Ziel, ihm jede Kompetenz zu nehmen und es letzlich zu entmündigen. Denn es braucht wahrlich keine Kompetenz irgendwelcher Art um das zu wiederholen, was einem ins Ohr gesagt wird.
Genau dies kann und darf es nicht geben. Das macht auch Paul VI in Humanae vitae überaus deutlich, wenn er schreibt:
»6. Die Folgerungen jedoch, zu denen der Ausschuß gelangt war, konnten für Uns kein sicheres und endgültiges Urteil darstellen, das Uns der Pflicht enthoben hätte, ein so bedeutsames Problem zum Gegenstand Unserer persönlichen Erwägung zu machen. Das war auch deshalb notwendig, weil es in der Vollversammlung des Ausschusses nicht zu einer vollen Übereinstimmung der Auffassungen über die vorzulegenden sittlichen Normen gekommen war; und vor allem, weil einige Lösungsvorschläge auftauchten, die von der Ehemoral, wie sie vom kirchlichen Lehramt bestimmt und beständig vorgelegt wurde, abwichen. Daher wollen Wir nun nach genauer Prüfung der Uns zugesandten Akten, nach reiflicher Überlegung, nach inständigem Gebet zu Gott, in kraft des von Christus Uns übertragenen Auftrags auf diese schwerwiegenden Fragen Unsere Antwort geben.«
Niemand lasse sich von derlei Äußerungen, wie sie Kardinal Marx getätigt hat, beunruhigen. Das Lehramt hat (die Ergebnisse der Theologie und der Humanwissenschaften) wahrgenommen, erwogen, die Geister unterschieden, geurteilt und verkündet. Darin hat es seine Kompetenz und Mündigkeit ja: seine Authentizität bewiesen. Ein Kardinal Marx möchte gerne vom Wahrnehmen (was "die Wissenschaften" sagen) sofort zur Verkündigung schreiten. Er versteht sich selbst offenbar nur als Megaphon des Zeitgeistes, was in mir die Frage nach seiner Mündigkeit als Christ ("gleicht euch nicht der Welt an") und seiner Kompetenz als Bischof (siehe die Frage in der Weiehliturgie für einen Bischof, ob er bereit ist, den Glauben der Kirche unverkürzt weiterzugeben) aufwirft.
Wenn man hier Papst Paul VI. und Kardinal Marx mal vergleicht, ergibt sich ein erstaunliches Bild:
- Der eine kennt alle Argumente und hat nach sorgfältiger Betrachtung der überlieferten Wahrheit und im Wissen um seine Verantwortung als Hirte ein vor der Welt unbeschreiblich unpopuläres Urteil gefällt.
- Der andere fordert, das Lehramt müsse stupide das wiederkäuen, was von der Welt geboten wird.
Wer von diesen beiden ist Kompetent? Wer von beiden hat Mut? Wem sollte man als Christ glauben?
Im Blick auf das anfängliche Jesuswort könnte man entsprechend fragen: Spricht Marx das, was Gott lehrt, oder was die Welt lehrt? Tut er das, was Gott gefällt, oder was der Welt gefällt?
PS. Es ist auch zum Schreien, wenn an selber Stelle von Marx behauptet wird "Die personale Bedeutung der Sexualität findet keine hinreichende Beachtung [in der Sexualmoral der Kirche]". Wer sich einmal auch nur oberflächlich mit der "Theologie des Leibes" befsst hat, wie sie der heilige Papst Johannes Paul II. grundgelegt hat, kann bei soetwas nur den Kopf auf die Tischplatte schlagen. Das ist besonders krass, weil diese selbe Theologie des Leibes von gewissen schismatischen Gruppen als Beweis hergenommen wird, die Moralverkündigung der Kirche sei vollends einem Personalismus erlegen. Ups.
Wie so oft ist man vor die Alternative gestellt: Entweder ist Kardinal Marx völlig inkompetent (weil er nicht weiß wovon er spricht), oder er lügt... Herr, vergib ihm, denn er weiß nicht, was er tut?
Freitag, 5. April 2019
Der mahnende Papst Paul VI.
Der heilige Papst Paul VI. hat sich in seinen letzten Amts- und Lebensjahren nicht gerade selten über fragwürdige Tendenzen innerhalb der Kirche in aller nur wünschenswerten (und selbst bei Johannes Paul II. so kaum jemals anzutreffenden) Deutlichkeit geäußert. Im Gang der Jahre merkt man, wie die Enttäuschung zunimmt, er muss unglaublich gelitten haben unter dem, was da geschah. Ich möchte ein paar Fragmente zitieren. Etwaige Ähnlichkeiten mit aktuellen Ereignissen, Haltungen und Praktiken in der Kirche, auch in höheren
und höchsten Leitungsebenen der derselben, kann jeder selbst für sich entdecken.
In einer Ansprache im geheimen Konsistorium am 24. Mai 1976 setzte sich der Papst mit häretischen und schismatischen Tendenzen in der Kirche seiner Zeit auseinander. Nachdem er zunächst in erstaunlich herzlichem und hoffnungsvollem Ton über die Anhänger des Erzbischofs Lefebvre gesprochen hat, wendet er sich dem (aus der politischen Skala) anderen Extrem zu:
»Auf der entgegengesetzten Seite, was ihre ideologische Position betrifft, jedoch gleichermaßen Ursache tiefen Schmerzes ist, befinden sich jene, die im irrigen Glauben, die Linie des Konzils fortzusetzen, eine Haltung vorgefaßter und mitunter unbeugsamet Kritik an der Kirche und ihren Einrichtungen eingenommen haben.Wit müssen deshalb mit der gleichen Bestimmtheit sagen, daß wir auch die Einstellung derer nicht annehmen können:
- die sich für autorisiert halten, sich ihre eigene Liturgie zu schaffen, wobei sie mitunter das Meßopfer oder die Sakramente auf die Feier ihres eigenen Lebens oder Kämpfens oder aber auf das Symbol der Brüderlichkeit einschränken oder sogar mißbräuchlich die Interkommunion praktizieren;
- die in der Katechese die Unterweisung in der Lehre herabmindern oder sie nach ihrem Geschmack entstellen, entsprechend den Interessen, dem Druck oder den Forderungen der Menschen;
- Tendenzen, die die christliche Botschaft tiefgreifend verfälschen, wie Wir schon in dem Apostolischen Mahnschreiben Quinque iam anni vom 8. Dezember 1970, fünf Jahre nach Abschluß des Konzils, aufgezeigt haben (vgl. AAS 63/1971, S. 99 [s. unten]);
- die so tun, als ob sie die lebendige Tradition der Kirche von den Vätern bis zu den Verlautbarungen des Lehramts nicht kennten, und die Lehre der Kirche, ja selbst das Evangelium, die geistlichen Realitäten, die Gottheit Christi, seine Auferstehung oder die Eucharistie neu interpretieren, sie so praktisch ihres Inhalts entleeren, eine neue Gnosis schaffen und in gewisser Weise in die Kirche die „freie Prüfung“ (liberum examen [s. dazu unten]) einführen; dies ist um so gefährlicher, wenn es sich dabei um Personen handelt, die die überaus hohe und schwierige Aufgabe haben, katholische Theologie zu lehren;
- die die spezifische Funktion des Priesteramtes verkürzen;
- die die Gesetze der Kirche oder die von ihr aufgezeigten ethischen Forderungen schmerzlich übertreten;
- die das Leben aus dem Glauben so verstehen, als handle es sich darum, die irdische Gesellschaft zu ordnen, es auf politische Aktionen reduzieren und zu diesem Zweck Wege einschlagen, die dem Evangelium widersprechen; man geht dabei so weit, daß man die jenseitige Botschaft Christi, seine Verkündigung des Reiches Gottes, sein Gesetz der Liebe unter den Menschen, die in der unaussprechlichen Vaterschaft Gottes gründet, mit Ideologien vermischt, die eine solche Botschaft von ihrem Wesen her verneinen durch eine völlig entgegengesetzte Lehre; man propagiert einen Widernatürlichen Bund zwischen zwei Welten, die selbst nach Meinung der Theoretiker der anderen Seite miteinander unvereinbar sind.« (Entnommen aus: Papst Paul VI., Wort und Weisung im Jahr 1976, Rom 1977, 263-264)
Das "liberum examen" taucht bei Paul VI. häufiger auf. Was er damit meint, kann man etwa in dem Apostolischen Schreiben "Über die Versöhnung in der Kirche" vom 8. Dezember 1974 nachlesen. Dort heißt es:
»Was aber soll man von dem Pluralismus sagen, der den Glauben und seine Ausdrucksweise nicht als ein gemeinschaftliches und damit kirchliches Erbe betrachtet, sondern als Ergebnis der freien Kritik und der freien Prüfung des Wortes Gottes durch einzelne? Ohne die Vermittlung des Lehramtes der Kirche, dem die Apostel ihr eigenes Lehramt anvertraut haben (vgl. DV 7) und das deshalb "nichts anderes lehrt, als was überliefert ist" (DV 8) ist auch die sichere Verbindung mit Christus durch die Apostel gefährdet, die "das weitergeben, was sie selbst empfangen haben" (DV 8). Wenn einmal das Verharren in der von den Aposteln überlieferten Lehre in Frage gestellt ist, geschieht es, daß man vielleicht in der Absicht, die Schwierigkeiten des Geheimnisses zu beseitigen, Formeln von trügerischer Verständlichkeit sucht, die den wirklichen Inhalt auflösen; auf diese Weise gelangt man zu Lehren, die nicht zum objektiven Bestand des Glaubens gehören oder ihm sogar entgegengesetzt sind und darüber hinaus in einem Gefüge von auch untereinander widersprüchlichen Auffassungen stehen.« (Entnommen aus: Papst Paul VI., Wort und Weisung im Jahr 1974, Rom 1975, 520-521)
Allerdings bezieht sich dieser Terminus nicht nur auf die Heilige Schrift, auch Glaubensinhalte können (siehe oben) einer solchen "freien Prüfung" unterworfen werden. Diese Vorgehensweise würde, so der Papst (einen italienischen Professor zitierend), dem radikalsten Subjektivismus Tür und Tor öffnen (ebd. 121).
Das zuvor zitierte Schreiben über die Versöhnung in der Kirche behandelt nicht so sehr das Bußsakrament, sondern meint tatsächlich die Versöhnung sich gegenüberstehender Gruppen in der Kirche. Über die herrschende Zwietracht hat sich der Papst etwa in der Generalaudienz vom 10. Juli des selben Jahres geäußert. So sagt er beispielsweise über gewisse Vertreter der theologischen Zunft:
»Diese tun so, als hätte das Konzil Neuerungen solcher Art für die Geschichte und das konkrete Leben der Kirche angezeigt, um das Vergangene als wertlos abzutun und für die Kirche selbst einen derartigen Neubeginn zu setzen, daß ihre Glaubenssätze neu zu formulieren, der Gehorsam gegenüber ihrem Lehr- und Hirtenamt abzuschaffen und eine völlige Neugestaltung ihrer Gesetze und Lebensformen als berechtigt anzusehen seien. Dadurch soll angeblich ein zweifacher Vorteil erreicht werden: die Kirche zu den ursprünglichen Lebensformen des Evangeliums zurückzuführen und ihr zugleich ein nunmehr vorbehaltloses Zusammengehen mit den vorherrschenden ideologischen und sozialen Strömungen unseres Jahrhunderts zu ermöglichen, auch wenn diese bis jetzt grundsätzlich und im Licht ganz offenkundiger, noch immer fortdauernder schmerzlicher Erfahrungen als negativ und für den Katholizismus unannehmbar beurteilt werden.« (Ebd. 89-90)
Aus dem Apostolischen Schreiben Quinque iam anni von Papst Paul VI. anlässlich des fünften Jahrestages der Beendigung des Zweiten Vatikanischen Konzils (8. Dezember 1970) [Ein Dokument, das merkwürdig oft abwesend ist in vielen nachkonzliaren Dokumentensammlungen...]:
»7 [...] Im selben Augenblick nämlich, da die Verkündigung des Gotteswortes in der Liturgie dank des Konzils eine wunderbare Erneuerung erfährt, die Vertrautheit mit der Heiligen Schrift im christlichen Volk zunimmt, der Fortschritt in der Katechese, wenn sie nach den Richtlinien des Konzils erfolgt, eine vertiefte Glaubensverkündigung ermöglicht, da die biblische, patristische und theologische Forschung oft einen wertvollen Beitrag zur genaueren Auslegung der geoffenbarten Wahrheiten leistet, im selben Augenblick, sagen wir, sind viele Gläubige durch eine Fülle von Zweideutigkeiten, Unsicherheiten und Zweifeln in wesentlichen Wahrheiten ihres Glaubens verwirrt. Zu diesen gehören die Dogmen der Trinitätslehre und Christologie, das Geheimnis der heiligen Eucharistie und der Realpräsenz, die Lehre von der Kirche als Heilsinstitution, der priesterlid1e Dienst inmitten des Gottesvolkes, die Bedeutung des Gebetes und der Sakramente, Forderungen der christlichen Sittenlehre, wie zum Beispiel die Unauflöslichkeit der Ehe und die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens. Ja, selbst die göttliche Autorität der Heiligen Schrift wird durch eine übertriebene Aussonderung sogenannter mythischer Elemente, die man als "Entmythologisierung" bezeichnet, in Frage gestellt.
8 Während allmählich gewisse Grundwahrheiten der christlichen Religion mit Stillschweigen übergangen werden, sehen wir eine Tendenz, die von den psychologischen und soziologischen Gegebenheiten her ein Christentum aufzubauen sucht, das sich von der ununterbrochenen Tradition lossagt, die es mit dem Glauben der Apostel verbindet, und ein christliches Leben anpreist, das seines religiösen Inhaltes beraubt ist.« (Entnommen aus: hier)
Derlei mahnende Worte aus dem Munde dieses Papstes ließen sich noch vermehren. Er hatte auch manches Interessante zum Thema Ökumene zu sagen...