Samstag, 23. Juni 2012

Vom falschen Ansatz II

Ich hatte neulich schon auf ein paar Dinge hingewiesen, warum der Ansatz der Freiburger Memorandisten m.E. falsch ist und auch die von diesen verwendete Sprache habe ich schon kurz behandlt.

Ich möchte nun noch konkret mehr auf das Wort "Barmherzigkeit" eingehen.

Ich hatte geschrieben, dass das Problem darin bestünde, dass bei der Aktion Dinge ins Rampenlicht gezerrt werden, die da nicht hingehören.

Wenn ein Priester Eheleuten die in einer zweiten zivilrechtlichen Ehe zusammenleben die Kommunion reicht, weil er diese Leute kennt, weiß, dass sie treu und fromm zusammenleben und auch die Umstände des wohmöglich unglaublich schrecklichen Scheiterns der Ehe kennt (und auch die vllt. haarsträubenden Gründe, warum eine Anullierung nicht zustande kam), kann das m.E. im je einzelnen Fall legitim sein. Wichtig ist hier, dass es nicht öffentlich geschieht, dass es um ein Vertrauensverhältnis geht... weil es immer Einzelschicksale sind.
Es kann und darf aber keine "offizielle" oder "generelle" Richtlinie geben weil das letztlich zu einem "Es ist egal wie ihr lebt, ihr dürft..." führt. Das wäre eine Preisgabe der Sakramente.

Genau diesen beschriebenen "inoffizielle" Kanal würde ich durchaus als Teil einer Praxis der Barmherzigkeit sehen.
Was aber die Aufbrüchler mit ihren Forderungen tun, hat damit nichts zutun, auch wenn sie das ständig behaupten: Sie zerren diese im Ehebruch lebenden Menschen ins grelle Licht der Öffentlichkeit, spenden ihnen demonstrativ die Eucharistie und - ich karikiere etwas - brüllen in die Welt hinaus "Schaut mal alle her!! Hier her! Seht ihr?! Wir sind barmherzig und darum ungehorsam gegen die unbarmherzige Kirche, denn WIR spenden diesen armen, von der Kirche drangsalierten/terrorisierten/verdammten Menschen trotz ihres andauernden Ehebruches die Sakramente!! SEHT IHR ES?! Kapiert ihr auch, dass wir uns hier ganz toll gegen ein unbarmherziges und weltfremdes System stellen? Sind wir nicht toll?!"
Das ist keine Barmherzigkeit.

Barmherzigkeit geschieht immer im Stillen, immer abseits, immer so, dass "deine linke Hand nicht wissen, was deine rechte tut".
Nun kann man natürlich sagen, durch diesen "Hinterzimmerweg" wären diese Leute stigmatisiert. Aber halt: 
1) Das Leben im Ehebruch ist numal ein Stigma! Es kann weder die Kirche noch sollte es einen selbst kalt lassen, sofern man den Glaubenssatz von der Unauflöslichkeit der Ehe akzeptiert. (Wenn man ihn nicht akzeptiert, sollte es m.E. eh keine Rolle spielen, welche Sakramente man empfängt und welche nicht, da man offenkundig eh so seine Privatmeinungen über deren Inhalt und Wirkung zu haben scheint). Es ist ein Stigma für das man sich entscheidet! Freiwillig (denn niemand wird zu einer zweiten zivilen Ehe gezwungen)!
2) Die Stigmatisierung geschieht ja wohl v.a. dann, wenn ich die Menschen, die so eine Entscheidung getroffen haben, ins Rampenlicht stelle und das Mitleid der Nation über sie herabrufe...
 
Auch entsteht gerne der Vorwurf, es handle sich doch hier um eine Doppelmoral, wenn man von offizieller Seite einerseits den vortgesetzten Ehebruch mit Sanktionen behängt und andererseits aber das "heimliche" Getue (von dem jeder weiß, worüber man aber nicht redet, weil es nichts zu reden gibt!) zulässt.
Und ein Stück weit stimmt das auch. Ein Stück weit gibt es in jeder Gruppe von Menschen Doppelmoral. Und der Grund ist schnell gefunden: Wir sind keine Maschinen. So gut und richtig die Regeln auch sind die wir uns gesetzt haben oder die uns (ius divinum) von Gott gegeben wurden, so sind wir Menschen doch keine Automaten die immer alle Regeln beachten wollen (oder auch nur können!). Wir sind alle kleine Häretiker und manchmal auch Kryptoschismatiker, weil wir bestimmte Dinge nicht so machen, wie es das Ideal (KKK + CIC) vorsieht... aber genau das macht uns menschlich. Auch Eltern geben ab und an ihren Kindern nach, auch wenn sie wissen, dass es nicht zu ihrem "Besten" ist. Das stellt nicht die Regel infrage, hat aber zuweilen etwas mit gewissen Tugenden zutun.

Was aber landauf, landab alle Aufbrüchler und Memorandisten fordern, ist eine offzielle, allgemeine und rechtlich abgesicherte Regelung dieser "Ausnahmen", "Schwächen", "Nachgiebig- und -lässigkeiten".
Und das, liebe Leute, ist nicht möglich. Und es schadet obendrein den Betroffenen, dass ihr es überhaupt versucht...: Barmherzigkeit kann nicht reglementiert, systematisiert, geplant, verrechnet und subventioniert werden... Es wird nie einen Canon geben der da lautet "Du sollst barmherzig sein und darum auch den hartnäckigen Ehebrechern die Kommunion spenden." Was es gibt, sind Canones und offizielle Verlautbarungen, die von mildernden Umständen sprechen, von den Werken der Barmherzeigkeit, Brüderlichkeit und Nächstenliebe, von der Würde des Menschen, vom hohen Rang des Gewissens, von Weisheit und Hirtensorge, von Tugend und Klugheit, von Frömmigkeit und Seeleneifer und, ja, auch vom Heil der Seelen. *wink*

Long story short: Es kann kein "Recht auf Barmherzigkeit" geben (etwa ein recht auf den Kommunionempfang trotz fortgesetzter schwerer Sünde); Barmherzigkeit steht jenseits von "Recht und Gesetz".

Frage: Seid ihr so unsicher in eurem Tun, dass ihr erst ein Gesetz (bzw. eine offizielle Anerkennung/Verordnung) braucht, um barmherzig handeln zu können?

1 Kommentar:

  1. Es gab einmal im deutschen Asylrecht eine Härtefall-Regelung als Ausnahme. Die Gerichte haben ein einklagbares Anrecht darauf gemacht, weil es für die nicht als Härtefall anerkannten sonst "diskriminierend" wäre.

    Kratzt man den Glitter von den Forderungen der Memorandisti, kommt man schnell an den Punkt ihrer dogmatischen Ultimaten, an dem sie die Änderung der Sexualmoral und der sakramentalen Verfaßtheit der Ehe basteln wollen, gemäß dem Leitspruch, sündenfrei muß sein, was die Leute eh und gerne machen.

    Die Memorandisti probieren hier genau jene Generalisierung des speziellen Einzelfalls, um ein bestehendes Recht zu kippen. Auf vatican.va sind mW die jährlichen Eröffnungsansprachen von sel. P. JP II und P. Benedikt an die Rota Romana zu lesen, daß "höchste" Ehebandsgericht der Kirche. Man erfährt dort zwischen den Zeilen, was seit Jahren in der Kirche getrieben wird, und daß Diözesan- und Metropolitangerichte teilweise pflichtwidrig für Ehebandsanfechtungen durchführen.

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